8arms2hug: Eine Künstlerin, die die Straßen mit Herz und Humor erobert
In letzter Zeit ist es etwas ruhiger um 8arms2hug geworden – ihre Pieces tauchen nur noch vereinzelt in den Kölner Straßen auf und viele fragen sich, wann es wieder mehr von ihr zu sehen gibt. Genau der richtige Moment, um dieses Feature zu veröffentlichen, das schon vor einer Weile entstanden ist. Ein Blick auf ihre Anfänge, ihre Kunst und was sie antreibt. Und vielleicht ist das ja der perfekte Anstoß, um bald wieder neue Oktopusse auf den Straßen zu entdecken – ihre große Fanbase würde sich sehr freuen!
Treffen in Köln zum Interview mit der Street Art Künstlerin 8arms2hug
Der Name: Eine gigantische Umarmung
8arms2hug – der Künstlername klingt nicht nur wie eine große Umarmung, sondern genauso fühlt sich die Begegnung mit ihr immer an: herzlich, authentisch und voller positiver Energie. Ich hatte vor einiger Zeit die Gelegenheit, mich exklusiv mit der Künstlerin in Köln zum Interview zu treffen und bin begeistert von ihrer Ausstrahlung und Leidenschaft. Ihre Kunst ist nicht nur ein visueller Genuss, sondern auch ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Street Art und tiefe persönliche Überzeugungen zusammenfließen können.
Schon bei der ersten Begegnung merkt man: 8arms2hug lebt für ihre Kunst. Der Name selbst - inspiriert durch die Oktopusse, die auf Frühchenstationen eine besondere Funktion erfüllen - steht für viel mehr als nur eine künstlerische Idee. Sie dienen als Nabelschnurersatz im Brutkasten und verhindern, dass die Magensonde oder andere Kabel und Schläuche herausgerissen werden. Wenn die winzigen Babys schlafen, umklammern sie die gehäkelten Tentakel und der Herzschlag wird regelmäßiger und die Atmung stabiler. Für die Künstlerin ist der Oktopus ein Symbol der Anpassungsfähigkeit, der Vielseitigkeit und der Verbindung zu anderen. „Der Oktopus wird immer ein Teil meiner Kunst bleiben“, sagt sie. Doch ihre Arbeiten sind weitaus mehr als nur das. In ihren Händen wird der Oktopus zu einem Symbol für Freiheit, Bewegung und eine lebensbejahende Haltung.
Den Weg auf die Straße als Kunstwerke haben die gehäkelten Oktopusse schließlich dank eines Murals des Londoner Graffiti-Artists Mr. Cenz gefunden. Regelrecht geflasht von dem piece, das sie in Shoreditch, einem der Streetart und Graffiti Hotspots Londons, gesehen hat war sie fortan fasziniert von der Street Art Szene in East-London und regelmäßig dort zu Besuch. Eingeführt in die lokale Kölner Szene wurde 8arms2hug schließlich durch einen anderen hiesigen Protagonisten, xxxhibition. Bevor die ersten Oktopusse in Ehrenfeld an die Wände gelangten, „habe ich mir regelrecht die Hände wundgehäkelt“, sagt sie mit einem herzlichen Lachen.
Die Inspiration: Alltag, Gespräche und positive Energie
Ihre kreativen Ideen kommen nicht aus dem Nichts, sondern sind in ihrem alltäglichen Leben verwurzelt. 8arms2hug lässt sich von den kleinsten Momenten inspirieren – von Alltagsgesprächen, wie etwa einem Gespräch in einem Sushi-Laden ihrer hood, über die Wertschätzung für ihre Umgebung bis hin zu intensiven Ortsbesichtigungen. Ihre Werke entstehen oft direkt vor Ort, und die Umgebung fließt stets in ihre Arbeiten ein. „Ich möchte, dass meine Kunst den Ort widerspiegelt, an dem sie entsteht“, erklärt sie. „Meine Werke passen sich der Umgebung an und erzählen ihre eigene Geschichte.“ Kreativ sein ist für 8arms2hug absolut notwendig, um in Balance zu sein. „Ich muss einfach häkeln, stricken, malen oder zeichnen, weil es unheimlich glücklich macht und es ist auch beruhigend, wenn das Leben zu sehr aufkratzt", sagt sie mit einem Lächeln, das den Raum erhellt. Diese Energie spürt man in jeder Linie und jeder Form, die sie auf die Wände dieser Welt zaubert.
Sushi-Friends
Die Kunst der Freiheit: Street Art als Kommunikationsmittel
Was 8arms2hug an Street Art besonders liebt, ist die Freiheit, die sie ihr bietet. „Es gibt keine Regeln, keine Einschränkungen“, erklärt sie. „Street Art ist für mich eine direkte Art der Kommunikation mit der Welt. Ich kann mich ausdrücken, ohne dass mir jemand vorschreibt, wie es zu sein hat.“ Diese Freiheit zieht sich durch ihre gesamte künstlerische Praxis. Ihre Werke entstehen mit viel Liebe zum Detail und ohne den Zwang, irgendetwas zu replizieren. Sie möchte Einzelstücke schaffen, die eine persönliche Verbindung zum Betrachter aufbauen – „weniger ist mehr“, sagt sie, und das spiegelt sich in der Klarheit und Kraft ihrer Kunst wider.
Dabei lässt sie sich von einer Vielzahl von Techniken leiten. 8arms2hug arbeitet mit Sprühdosen und Paste-Ups, wobei sie sich nicht auf eine einzelne Technik festlegt. „Ich möchte immer wieder Neues ausprobieren“, erklärt sie. Ihr Motto lautet „Make my hometown famous“, und das spiegelt sich besonders in ihrer Liebe zu Leverkusen wider – der Stadt, in der sie lebt und die sie oft mit ihren Kunstwerken verschönert.
Die Begegnungen: Positives Engagement und Herausforderungen
Der öffentliche Raum ist oft unberechenbar – das weiß auch 8arms2hug. Doch sie begegnet den Herausforderungen mit einer bewundernswerten Gelassenheit und Leidenschaft. Ein einprägsames Erlebnis war, als ein älterer Mann sie beim Stickerkleben erwischte und versuchte, ihre Werke wieder zu entfernen. Doch statt sich von der Situation entmutigen zu lassen, ging sie auf ihn zu, erklärte ihm die Bedeutung von Street Art und konnte ihm ihre Perspektive näherbringen. „Es war ein sehr positives Erlebnis, und später hat er sich sogar die fertige Stelle noch einmal angeschaut“, erzählt sie. Es zeigt sich, wie wichtig es ihr ist, ihre Kunst und ihre Beweggründe mit anderen zu teilen.
Doch nicht alles lief immer so friedlich ab. Einmal wurde sie von der Polizei auf der Körnerstraße erwischt, als sie mit Spraydosen im Rucksack unterwegs war. „Wir hatten Glück, dass es bei einer Durchsuchung blieb, aber es hat mich wieder daran erinnert, wie sehr Street Art in der Öffentlichkeit immer noch polarisiert.“
Eine Künstlerin mit sozialem Engagement: „Street Art against Hate“
Ein weiteres Herzstück von 8arms2hug ist ihr Engagement in der Kampagne Street Art against Hate. „Die Idee kam bei einem Spaziergang mit vier anderen Künstler:innen auf. Wir wollten uns gegenseitig unterstützen und ein Zeichen gegen Hass setzen“, erklärt sie. Die Kampagne erzielte eine überwältigende Resonanz. Weltweit finden sich mittlerweile ‚Walls of Love‘ – die eine starke Botschaft gegen Hass in den Gesellschaften aussenden. Für 8arms2hug ist es ein weiterer Beweis, dass Kunst nicht nur zur Unterhaltung dient, sondern auch eine kraftvolle Plattform für soziale Veränderung und positive Botschaften sein kann.
Ein Blick in die Zukunft: Ambitionen und neue Herausforderungen
Die Zukunft von 8arms2hug ist genauso aufregend wie ihre bisherige Reise. Mit ihren coolen und einzigartigen Designs als Häkelkünstlerin explodiert ihre Kreativität. Auch im Street Art - Bereich möchte sie größere Arbeiten realisieren, bei denen sie u.a. Graffiti und Paste-Ups miteinander kombiniert, wie bspw. bei der gretl.wand in Berlin. Dabei bleibt ihr ein wichtiges Ziel: „Ich will Einzelstücke schaffen, keine Repliken.“ Ihre Philosophie ist einfach: Qualität vor Quantität. Weniger ist mehr, und sie hat noch viele kreative Ideen, die sie umsetzen möchte. Ihre Homebase, Leverkusen und Umgebung, möchte sie weiter in den Fokus rücken - 8arms2hug plant, die Stadt mit ihren Werken noch bekannter zu machen, unter dem Motto „Make my hometown famous“.
8arms2hug ist weit mehr als eine talentierte Künstlerin - sie ist ein wichtiges Herzstück der Street-Art-Szene, die von Gemeinschaft, Kreativität und gegenseitiger Inspiration lebt. Mit ihrer offenen, warmherzigen Art schafft sie es, Menschen zusammenzubringen und Kunst mit einem Lächeln zu verbinden. Sie verkörpert, worum es m.E. in der Szene wirklich geht: Freiheit, Ausdruck und das Teilen von Ideen. Eine Künstlerin, die Urban Independent Art bereichert und ein Mensch, die man nicht missen möchte!
8arms2hug vor ihrem Mural an der Gretl-Wand in Berlin.